archivierte Ausgabe 5/2009 |
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Herausgeber und Redaktion |
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JOACHIM HAKE Direktor der Katholische Akademie in Berlin e.V. |
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URSULA SCHUMACHER
Professorin für Dogmatik an der Universität Luzern |
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JAN-HEINER TÜCK Professor für dog-
matische Theologie, Universität Wien |
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Herausgeber und Redaktionsbeirat stellen sich vor. |
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Lesermeinung von |
Anton Svoboda,
Dipl.-Theologe, Musiker
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Goran Subotic |
Der absolute Vater |
Hans Blumenberg als Leser von Kafkas «Brief an den Vater» |
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«Zwischen Thronsaal und Folterkammer» – Momentaufnahmen einer Krise
«Es gibt ein Kinderbild von Kafka, selten ist die ‹arme kurze Kindheit› ergreifender Bild geworden. Es stammt wohl aus einem jener Ateliers des 19. Jahrhunderts, die mit ihren Draperien und Palmen, Gobelins und Staffeleien so zweideutig zwischen Thronsaal und Folterkammer standen. Da stellt sich in einem engen, gleichsam demütigenden, mit Posamenten überladenen Kinderanzug der ungefähr sechsjährige Knabe in einer Art von Winterlandschaft dar. Palmenwedel starren im Hintergrund. Und als gelte es diese gepolsterten Tropen noch stickiger und schwüler zu machen, trägt das Modell in der Linken einen übermäßig großen Hut mit breiter Krempe, wie ihn Spanier haben. Unermesslich traurige Augen beherrschen die ihnen vorbestimmte Landschaft, in die die Muschel eines großen Ohrs hineinhorcht.»
Als Walter Benjamin in seinem Essay zum zehnjährigen Todestag Franz Kafkas diese Fotografie aus dem Jahre 1888 zu einem Denkbild verdichtet, beobachtet er mehr als einen dressierten Jungen mit unglücklichen Augen. Das ironisch sensible Porträt des Fotoateliers der Jahrhundertwende zeigt «so zweideutig zwischen Thronsaal und Folterkammer» die ins Objektiv der Aufmerksamkeit gerückte Kindheit des 19. Jahrhunderts und ihre gleichzeitige Domestizierung als staffierte Miniatur der bürgerlichen Erwachsenenwelt. Das Kinderbild ist auch Zeitbild. Franz Kafka, der «ewige Sohn» und ästhetische Visionär wider Willen, ist auch Kind seiner Zeit.
In seiner klaren Prosa, die sich mit jedem Satz zu einem labyrinthischen Textganzen verrätselt, finden sich ohnmächtige Antihelden der anonymen bürokratischen Welt sozialer Mächte ausgeliefert. Diese Welt, so notiert Walter Benjamin 1934 in seinem Essay, ist eine Väterwelt. Die Väter Georg Bendemanns, Gregor Samsas und Karl Roßmanns besetzen die Phantasie der Interpreten, noch bevor der Freund und Nachlassverwalter Max Brod 1937 in seiner Kafka-Biographie Teile des berühmten Brief[s] an den Vater3 veröffentlicht und Hinweise auf den biographischen Konflikt gibt, den er zugleich relativiert. Wohl aus Rücksicht auf die Familie publiziert er den gesamten Brief, der im Original der handschriftlichen Reinschrift über einhundert Seiten umfasst, erst 1952 in der Neuen Rundschau, dann im Folgejahr in dem Band Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande. Damit weist er den Brief dem literarischen Werk Kafkas zu. In der Ausgabe sind neben der im Titel genannten Erzählung vor allem noch die Aufzeichnungen und Prosaskizzen der Oktavhefte zusammengestellt sowie die von Max Brod unter dem Titel Betrachtungen über Sünde, Leid, Hoffnung und den wahren Weg zusammengefassten Notizzettel. Väter frequentieren aber keineswegs nur «die ungeheure Welt» in Franz Kafkas Kopf. 1908, im Erstveröffentlichungsjahr Kafkas, bemerkt Sigmund Freud im Vorwort der zweiten Auflage der Traumdeutung, dass der Tod des Vaters das einschneidendste Erlebnis im Leben eines Mannes sei. [...]
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