archivierte Ausgabe 6/2011 |
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Herausgeber und Redaktion |
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JOACHIM HAKE Direktor der Katholische Akademie in Berlin e.V. |
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URSULA SCHUMACHER
Professorin für Dogmatik an der Universität Luzern |
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JAN-HEINER TÜCK Professor für dog-
matische Theologie, Universität Wien |
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Herausgeber und Redaktionsbeirat stellen sich vor. |
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Lesermeinung von |
Anton Svoboda,
Dipl.-Theologe, Musiker
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Dominik Skala |
Mahlers Auferstehung |
Theologische Notizen zur Zweiten Symphonie |
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Nein, glücklich war Theodor W. Adorno über Gustav Mahlers Zweite Symphonie nicht. Auch wenn wohl die meisten Hörer Mahler an diesem Stück lieben lernten, so führte er in seinem späten Mahler-Buch aus, sei es das Werk, das am raschesten verblassen dürfte. Und zwar «durch Redseligkeit im ersten Satz und im Scherzo, durch einige Primitivität des Auferstehungsfinales». Das zwiespältige Urteil des Musikwissenschaftlers Adorno spiegelt eine gewisse Befangenheit in der Bewertung der Symphonie. Einerseits konnte er sich der monumentalen Kraft dieses Riesenwerks nicht entziehen. Auf der anderen Seite störten ihn Mängel, die bei aller sonstigen Wertschätzung des Komponisten das betreffende Werk eher auf die hinteren Ränge verschoben. Nicht nur eine als disproportional empfundene Formanlage erschien Adorno kritikwürdig, auch vermisste er eine «durchgebildete Polyphonie» und ein besseres Verhältnis von instrumentalen und vokalen Teilen. Einzig dem «Pianissimo-Einsatz des Chors und dessen Thema» im letzten Satz sprach er «suggestive Kraft» zu. Am unwohlsten dürfte dem Philosophen Adorno jedoch ob des affirmativen Pathos gewesen sein, mit dem Mahler im Finale in spätromantischer Manier textlich und musikalisch eine «Auferstehung» beschwört. Hätte es dazu für ihn doch jenes «Standpunkt[ es] der Erlösung» bedurft, der aus dem beschädigten Leben heraus auch der Kunst, wenn überhaupt, nur fragmentarisch zuhanden ist.
Adornos Einwände sind unter seinen philosophischen Prämissen einleuchtend und bleiben ein Stachel im Fleisch jeder Theologie. Gleichwohl bildet die Frage nach der ‹Auferstehung› dem Glaubenden wie dem theologisch Interessierten Impuls der Auseinandersetzung. Welche Weltdeutung, welcher Glaube treibt einen Komponisten an, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen? Wie geht er dabei vor? Ist die Symphonie ein tönendes Credo? Und wenn ja: Welchen Glauben bekennt es? Die vorliegenden Notizen unternehmen den Versuch, sich diesem Fragekomplex in drei Anläufen zu nähern, freilich im Wissen um ihre meist untrennbare gegenseitige Durchdringung. Zunächst wird die Zweite Symphonie in ihrer konkreten (musikalischen) Gestalt in den Blick genommen (1.). Sodann wird nach dem religiösen Kontext Gustav Mahlers und seinem künstlerischen Selbstverständnis gefragt (2.), um von diesen Überlegungen aus schließlich die Frage zu diskutieren, wie unter musikästhetischen Gesichtspunkten mit dem ‹Programm› der Symphonie umzugehen ist (3.). Leitend im Hintergrund steht dabei die Vermutung, dass es sich bei Mahlers künstlerischem und biographisch- religiösem Selbstkonzept um ein vielschichtiges Gewebe handelt, in dem die religiöse Signatur eines modernen Künstlers und Menschen zu Tage tritt: Weltdeutung lässt sich nicht auf konfessionelle Lehrsätze reduzieren, sondern bedient sich der gesamten Weite kultureller Sinnangebote.
1. Die Zweite Symphonie – Umfeld und Inhalt
Mit keinem anderen seiner Werke hat sich Gustav Mahler kompositorisch länger beschäftigt als mit seiner Zweiten Symphonie. Spätestens im Sommer 1888 (und damit möglicherweise noch vor Beendigung der Ersten Symphonie) begonnen, konnte er die Sätze II und III erst 1893, die Sätze IV und V im dann darauf folgenden Jahr fertig stellen. Die Uraufführung in der endgültigen Form erfolgte schließlich im Dezember 1895 unter Leitung des Komponisten (Mahler war als Dirigent zunächst deutlich bekannter denn als Komponist) in Berlin.
Beim Aufbau der Symphonie fällt ins Auge, dass Mahler sowohl explizit als auch von innen heraus einen programmatischen Gehalt evoziert. Hatte er zwischenzeitlich noch erwogen, den Ersten Satz der Symphonie in Anlehnung an einen gleichnamigen Roman des polnischen Dichters Adam Mickiewicz unter dem Titel «Totenfeier» als eigenständiges Werk zu veröffentlichen, so fehlen in der Druckfassung der Partitur jegliche Angaben, die auf eine konkrete Programmatik der Symphonie hindeuten. Durch die musikalische Sprache sowie durch die in den Sätzen III bis V vertonten Texte drängt sich eine solche Idee aber immer wieder auf. Und tatsächlich, Mahler formuliert gegenüber seiner langjährigen Vertrauten Natalie Bauer- Lechner, dass es für ihn in diesem Werk um «das Fragen und Ringen der Seele um Gott und ihre eigene ewige Existenz» gehe.
Die gesamte Anlage der Symphonie kann dabei mit einer gewissen Zielgerichtetheit gelesen werden. Ist es im Ersten Satz, so Mahler in einer Äußerung gegenüber Max Marschalk, «der Held meiner D-dur-Symph., den ich da zu Grabe trage, und dessen Leben ich, von einer höheren Warte aus, in einem reinen Spiegel auffange» , so setzt sich dieser ‹erzählende› Charakter auch in den beiden folgenden Sätzen fort. [...]
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