archivierte Ausgabe 2/2012 |
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Herausgeber und Redaktion |
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JOACHIM HAKE Direktor der Katholische Akademie in Berlin e.V. |
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URSULA SCHUMACHER
Professorin für Dogmatik an der Universität Luzern |
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JAN-HEINER TÜCK Professor für dog-
matische Theologie, Universität Wien |
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Herausgeber und Redaktionsbeirat stellen sich vor. |
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Lesermeinung von |
Anton Svoboda,
Dipl.-Theologe, Musiker
Lesen Sie hier |
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Jan-Heiner Tück |
DER ZEUGE – GEISEL DER WAHRHEIT |
Annäherungen |
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«Niemand / zeugt / für den Zeugen» – heißt es am Ende von Paul Celans Gedicht Aschenglorie (GW II, 72). Der Zeuge bringt eine Wahrheit ein, die unangenehm oder gefährlich ist und deswegen in Frage oder Abrede gestellt und von keinem anderen bezeugt wird, vielleicht auch von keinem anderen bezeugt werden kann. Es gibt andere, die sein Zeugnis auslöschen oder im Gerede untergehen lassen wollen, weil sie die Wahrheit nicht ertragen oder nicht ertragen wollen. So wird die Wahrheit für den Zeugen selbst gefährlich. Abstand nehmen vom Zeugnis gibt es für Celan freilich nicht. Die Wahrheit, die das «Metapherngestöber» unterbricht, muss gesagt werden, selbst dann, wenn sie den Zeugen und sein Wort zunächst in ein eisiges – und paradoxerweise gastliches – Abseits führt:
WEGGEBEIZT vom Strahlenwind deiner Sprache das bunte Gerede des Anerlebten – das hundertzüngige Meingedicht, das Genicht.
Ausgewirbelt, frei der Weg durch den menschengestaltigen Schnee, den Büßerschnee, zu den gastlichen Gletscherstuben und -tischen.
Tief in der Zeitenschrunde, beim Wabeneis wartet, ein Atemkristall, dein unumstößliches Zeugnis. (GW II, 31)
Celan beschreibt mit diesem Gedicht, das Ende des Jahres 1963 entstanden ist, die Verlorenheit des Zeugen in einer Welt, die ihn nicht hören will und ihm feindlich gesonnen ist. Er mag dabei die Verdrängung der Shoah im Auge gehabt haben, der er mit seinen Gedichten entgegenwirken wollte. Ungewiss aber ist, ob es im Hintergrund eine Instanz gibt, die für den bedrohten Zeugen einsteht, die sein ‹unumstößliches Zeugnis› verbürgt. «Fürniemand- und-nichts-Stehn», heißt es an anderer Stelle bei Celan (GW II, 23). Der Zeuge scheint auf sich gestellt, einsam und ohne Stütze. Er steht für das ‹Nichts›, die Vernichtung der anderen, der für immer Verstummten, denen er an den Grenzen des Verstummens seine Stimme leiht; aber er steht auch für ‹Niemand›, von dem ungewiss bleibt, ob er wirklich niemand ist – oder vielleicht doch das unter dem Mantel der Verborgenheit sich entziehende Mysterium des göttlichen Du. «Gelobt seist du, Niemand» – heißt es im Psalm (GW I, 225).
Aber was für Celans Dichtung und ihr Zeugnis für die lange niedergehaltene und verdrängte Wahrheit der jüdischen Leidensgeschichte gilt, das gilt mutatis mutandis auch für die Blutzeugen des Evangeliums, die seit den Tagen der ersten Märtyrer umgebracht wurden. Auch sie standen in der Stunde des Martyriums, in dem sie die Unausweichlichkeit ihres Glaubens mit ihrem Blut bezeugen mussten, auch sie standen in dieser Stunde allein (selbst wenn sie mit anderen zusammen getötet wurden), sprachen Worte, die niemand hören wollte, verkündeten Wahrheiten, die kein anderer bezeugen wollte oder konnte. Und gilt das nicht in Glaubensdingen überhaupt, selbst wenn keine Gefahr besteht, dass das Zeugnis zum Martyrium führt? Wer zeugt für den Zeugen? Jesus Christus ist der Proto-Zeuge [...]
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