archivierte Ausgabe 6/2012 |
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Herausgeber und Redaktion |
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JOACHIM HAKE Direktor der Katholische Akademie in Berlin e.V. |
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URSULA SCHUMACHER
Professorin für Dogmatik an der Universität Luzern |
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JAN-HEINER TÜCK Professor für dog-
matische Theologie, Universität Wien |
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Herausgeber und Redaktionsbeirat stellen sich vor. |
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Lesermeinung von |
Anton Svoboda,
Dipl.-Theologe, Musiker
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Jan-Heiner Tück |
DAS UNERLEDIGTE KONZIL |
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Ich verspüre nicht das Bedürfnis nach einer «neuen Kirche» (Was für eine Kirche sollte das denn sein?), und ich wünsche mir auch nicht, dass eine «neue Theologie» erfunden wird. Ich liebe unsere Kirche in ihrer Not und ihren Demütigungen, in den Schwächen eines jeden von uns wie in ihrem unendlichen Schatz an verborgener Heiligkeit. Ich liebe sie in ihrem heutigen, ernsthaften und schwierigen Bemühen, sich zu erneuern – das muss sie fortführen in der Linie des letzten Konzils.
Henri de Lubac
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), das vor 50 Jahren vor den Augen der Weltöffentlichkeit durch Johannes XXIII. feierlich eröffnet wurde, hat eine kraftvolle Erneuerung der katholischen Kirche eingeleitet. Es ist hinter einen gegenreformatorisch verengten und antimodernistisch verhärteten Ausschnitt von Tradition zurückgegangen, um aus der weiteren Tradition von Bibel und Patristik Erneuerungspotentiale freizulegen und in die Gegenwart einzubringen. Dieses ressourcement, das vor dem Konzil von den Erneuerungsbewegungen (Bibel, Liturgie, Ökumene), aber auch von einzelnen Theologen angestoßen wurde, ist die Basis für die Reform, die Johannes XXIII. bei der Konzilsankündigung intendiert haben mag.
Das Konzil hat die Kirche als eine «komplexe Wirklichkeit» bezeichnet, in der göttliche und menschliche Momente zusammengehen (Lumen gentium 8). Beides gilt es zusammenzuhalten, wenn ekklesiologische Sackgassen vermieden werden sollen. Kirche gründet im Heilsratschluss Gottes, sie ist ein lebendiger Organismus, sie ist Mysterium, universales Heilssakrament, Zeichen und Werkzeug, das der Einheit mit Gott und der Einigung des ganzen Menschgeschlechts dienen soll. Dieser missionarische Auftrag, allen Menschen das Evangelium bringen zu sollen, wird in der dialogischen Öffnung gegenüber den Anderen einladend konkretisiert: gegenüber den nichtkatholischen Kirchen, dem Judentum, den nichtchristlichen Religionen, selbst den ungläubigen Söhnen und Töchtern der Moderne, den Atheisten und Agnostikern. Die Rhetorik der Ausgrenzung – Häretiker, Schismatiker, Ungläubige, Heiden – weicht einer Sprache der Anerkennung und des Respekts, die die getrennten Brüder ( fratres seiuncti) und Menschen guten Willens (homines bonae voluntatis) in den Blick nimmt, ohne die Differenzen irenisch zu verschleiern. Die Pastoralkonstitution Gaudium et spes hat sich programmatisch auf die Suchbewegungen der Moderne eingelassen und damit der Kirche aufgegeben, sich mit den Ambivalenzen, die in Kultur, Wissenschaft und Technik zu finden sind, immer wieder neu konstruktivkritisch auseinanderzusetzen. Die Bastion ist damit geschleift, der Rückzug ins Ghetto keine Lösung mehr. Aber das Schielen nach Modernitätsverträglichkeit in Theologie und Kirche ist es auch nicht. Die Zeichen der Zeit sollen wahrgenommen und im Licht des Evangeliums gedeutet, mithin geprüft werden. Das ist keine leichte Aufgabe. Seit dem Konzil wird darum gerungen, was die jeweils relevanten Zeichen der Zeit sind, und wie die Kirche darauf angemessen – im Licht des Evangeliums – reagieren soll. Anknüpfung? Widerspruch? Oder Anknüpfung im Widerspruch? Die Antworten darauf fallen bekanntlich unterschiedlich aus.
Man könnte daher die Frage nach dem Verhältnis von Kirche und dem in sich vielschichtigen Projekt der Moderne noch einmal aufwerfen, könnte die damit zusammenhängende Frage nach einer angemessenen Hermeneutik des Konzils vertiefen und die Kontinuitäts- und Öffnungssignale in den einzelnen Dokumenten näher untersuchen. Auch eine Nachzeichnung der durchaus konfliktträchtigen Phasen der Konzilsrezeption in den letzten 50 Jahren wäre aufschlussreich. Man müsste Ungleichzeitigkeiten in den jeweiligen regionalen Großräumen notieren und unterschiedliche Akzentsetzungen und Sensibilitäten festhalten, die von der theologiepolitischen Ausrichtung der Akteure abhängen. Auch müsste die kaum je gestellte Frage nach den Leerstellen des Konzils einmal umfassend behandelt werden: Hat das Konzil bereits die Krise des Gottesglaubens in der späten Moderne hinreichend wahrgenommen, gibt es Antworten auf die radikale Erschütterung durch die Theodizeefrage? Sprechen die Texte nicht allzu selbstverständlich von Gott und legen eine Theologie der Heilsgeschichte zugrunde, die heute durch den Blick auf andere Kulturen und Religionen, aber auch durch neuere naturwissenschaftliche Erkenntnisse frag-würdig geworden ist? Und hat das Konzil mit der entschiedenen Wende zum Heilsuniversalismus (LG 14-16, GS 22) die Rede vom Gericht nicht allzu sehr vernachlässigt, wie der betagte Karl Barth in seinem Buch Ad limina apostolorum moniert hat? [...]
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