archivierte Ausgabe 6/2013 |
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Herausgeber und Redaktion |
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JOACHIM HAKE Direktor der Katholische Akademie in Berlin e.V. |
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URSULA SCHUMACHER
Professorin für Dogmatik an der Universität Luzern |
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JAN-HEINER TÜCK Professor für dog-
matische Theologie, Universität Wien |
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Herausgeber und Redaktionsbeirat stellen sich vor. |
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Lesermeinung von |
Anton Svoboda,
Dipl.-Theologe, Musiker
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Frère Richard |
KINDER, KLEINE, UNMÜNDIGE UND GERINGE IM MATTHÄUSEVANGELIUM |
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Kinder und Kleine kommen in den Evangelien am häufigsten bei Matthäus vor. Die ersten Seiten geben den Ton an: im zweiten Kapitel heißt Jesus neunmal nacheinander einfach «das Kind» . Dem entspricht das besondere Gewicht, das Matthäus der Jüngerbezeichnung «diese Kleinen» gibt. Die entsprechenden Stellen wurden öfter im synoptischen Vergleich analysiert. Der vorliegende Aufsatz beschränkt und konzentriert sich auf Matthäus. Die eigentümliche matthäische Akzentsetzung mahnt Theologie und Kirche, nicht zu schnell zu meinen, mit den Worten Jesu über die Kinder, Kleinen und Unmündigen fertig zu werden.
Hans Urs von Balthasars kurz vor seinem Tod verfasste Schrift Wenn ihr nicht werdet wie dieses Kind steht mit ihren gerade 99 Seiten klein und bescheiden neben den großen umfangreichen Bänden seiner Trilogie. Sie kann als sein letztes Werk als ein Vermächtnis gelten. Auf dem «Weg in die Lebenszukunft hinein innehalten und die entgegengesetzte Richtung einschlagen» ist keine Nebensache, sondern unbedingtes Herzstück des Evangeliums. «Jesu Stellung zum Kind ist vollkommen eindeutig. Keiner wird in das Reich Gottes, das in ihm nahe gekommen ist, eingehen, es sei denn, er mache eine Kehrtwendung und gehe in seine Ursprungsgesinnung zurück» (7). Kein Christ kommt um das herum, was Jesus «vollkommen eindeutig» gesagt hat.
Von Balthasar entfaltet das Thema umfassend und in großer theologischer Tiefe. Der Leitfaden ist die Gotteskindschaft, an welcher der ewige Sohn des Vater uns Anteil gibt. Aber der Zugang «zu dem einzigartigen Kind, das Jesus selbst ist» geht aus «von dem auf der Straße aufgelesenen Kind, das die Jünger zunächst als unbedeutend und lästig von Jesus abwehren wollten» (8). Die Beobachtung, dass Jesus ein Kind zufällig auf der Straße aufgelesen hat und dass die liebevolle Zuwendung zu einem solchen Kind auf dem Weg zu Gott entscheidend ist, berührte mich bei der ersten Lektüre des Buches vor einigen Jahren besonders. «Jesus sucht sich nicht ein Musterkind aus, um es als Modell vorzustellen» (10). Es geht nicht an, «dem Kind […] Tugenden anzudichten, die es nicht hat und überhaupt nicht haben kann» (16). Kennzeichnend für ein Kind ist «seine absolute Bedürftigkeit» (20).
Wird die Bedürftigkeit der Menschenkinder in die Gotteskindschaft hinein aufgehoben, erwachsen ihr kindliches Staunen (60), Bitte und Dank (65), «die kindliche Nicht-Sorge und die kindliche Gebefreudigkeit» (68), Gefügigkeit (71), bei Maria «eine reine Kindesgesinnung [...], die dem Vater alles zutraut» (91). In den folgenden Beobachtungen, die sich möglichst nahe an den Text des Matthäusevangeliums halten, bleibt der karge Aspekt der Bedürftigkeit prägend. Genauso wie das Kind «nicht bloß ein fernes Gleichnis für den Sohn Gottes» ist (8f ), ist die Bedürftigkeit der Kleinen, Unmündigen und Geringen für die Jünger nicht nur Symbol. Wie zwischen dem von der Straße aufgelesenen Kind – «irgendeinem aus hunderttausenden» (9) – und Jesus selbst «eine direkte Kontinuität» (8) besteht, besteht eine direkte Kontinuität zwischen den Aposteln und irgendwelchen Geringen; die Jünger heißen bei Matthäus «diese Kleinen».
1. «Einer von diesen Kleinen»
Der typische Ausdruck «einer von diesen Kleinen» kommt zum ersten Mal im zehnten Kapitel vor. Im Zusammenhang lautet die Stelle (Mt 10, 40–42):
Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat. Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten. Wer einen Gerechten aufnimmt, weil es ein Gerechter ist, wird den Lohn eines Gerechten erhalten. Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist – amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.
Jesus sagt diese Worte seinen Jüngern, genauer den «zwölf Aposteln» (Mt 10, 2), deren Aussendung der Anfang des Kapitels berichtet. Die zwölf Jünger werden dadurch zu Aposteln, dass Jesus «ihnen Vollmacht gab» (Mt 10, 1). Das griechische geht bekanntlich auf das hebräische schaliach zurück. Dahinter steht das alte Botenrecht mit dem Grundsatz: «Der Gesandte eines Menschen ist wie dieser selbst». In diesem Sinn sagt Jesus den Zwölf: «Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf.»
Jesus zählt die Gastfreundschaft auf, die einem Propheten, einem Gerechten oder «einem dieser Kleinen» gewährt wird. Teilt er damit die ausgesandten Jünger in drei Gruppen auf? Der Zusammenhang des Matthäusevangeliums spricht deutlich gegen diese Auslegung. Denn Propheten oder Gerechte heißen in Matthäus nicht die Jünger Jesu, sondern die Gottesmänner des Alten Bundes (Mt 13, 17 und 23, 29). Mit der einem Propheten oder einem Gerechten gewährten Gastfreundschaft erinnert Jesus an die alten Geschichten. Der Witwe von Sarepta brauchte es nicht leid zu sein, dass sie den Propheten Elia aufnahm; sie empfing ihren Lohn. [...]
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