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Leseprobe 2
Andreas Merkt
VERFOLGUNG UND MARTYRIUM IM FRÜHEN CHRISTENTUM
Mythos, Historie, Theologie
Sind die Christenverfolgungen der Antike weitgehend ein Mythos, die Geschichten über die Märtyrer eine Erfi ndung? Das jedenfalls behauptet Candida Moss, eine junge katholische Professorin für frühes Christentum an der Notre Dame University, in ihrem 2013 erschienenen Buch The Myth of Persecution: How Early Christians Invented a Story of Martyrdom. «The idea of the persecuted church is almost entirely the invention of the 4th century and later». Ja mehr noch: Die Selbststilisierung zu Opfern habe der Diff amierung und Dämonisierung der religiös Anderen, der Heiden, Juden und Häretiker, gedient und damit letztlich deren Verfolgung legitimiert. Genau der gleiche Mechanismus lasse sich derzeit bei radikalen Christen in den USA beobachten: Man erklärt sich für verfolgt und rechtfertigt damit den Kampf gegen andere.

Wie stark und wie häufig wurden Christen im Römischen Reich verfolgt?

In der Tat ist man sich in der Forschung einig, dass es nur wenige – meist zählt man sechs – authentische Martyriumsberichte aus vorkonstantinischer Zeit gibt. Die ab dem 4. Jh. entstandenen Märtyrergeschichten sind hingegen großenteils fi ktiv. Konsens herrscht auch darüber, dass die Christen nicht immer und überall regelrecht verfolgt wurden. Das Vorgehen der staatlichen Behörden war vielmehr lange Zeit durch eine Rechtsgewohnheit bestimmt, die Kaiser Trajan im Jahre 111/112 in einem Reskript bestätigt und verbindlich gemacht hat: Zwar galt das bloße Christsein, das nomen christianum, schon als Straftatbestand. Allerdings sollten die Behörden nicht aus eigener Initiative gegen die Christen vorgehen, sondern nur dann, wenn eine konkrete Anzeige, und zwar eine nicht anonyme, vorlag. Schworen die Angeklagten beim Verhör nicht ab, sollten sie hingerichtet werden. Wie dies geschah, blieb dem jeweiligen Entscheidungsträger überlassen. Enthauptung, Verbrennung, aber auch eine Verurteilung ad bestias, zum Tierkampf in der Arena, waren möglich.

Angesichts dieser Rechtslage haben Kritiker Candida Moss vorgeworfen, mit ihrem Buch die Situation der Christen im Römischen Reich zu verharmlosen: Sie konnten zwar oft friedlich und unbehelligt ihr Leben führen. Aber sie lebten in ständiger Gefahr: Eine einzige Anzeige durch einen böswilligen Nachbarn reichte für eine Verhaftung aus. Außerdem kam es off enbar gelegentlich zu Pogromen. Besonders in Krisenzeiten mussten die Christen als Sündenböcke herhalten: «Wenn die Erde sich bewegt, wenn eine Seuche wütet, gleich schreit man: Die Christen vor den Löwen!» (Tertullian, Apologeticum 40,5). Dieser Refl ex traf zwar auch andere Minderheiten. Bei den Christen kam jedoch noch hinzu, dass sie das Opfer für das Wohl des Kaisers und des Gemeinwesens verweigerten. Im Rahmen der altrömischen politisch-religiösen Logik, der zufolge das Gemeinwohl vom rechten Vollzug des Kultes abhing, galten sie deshalb nicht nur als religiös anders, sondern auch als gesellschaftsschädlich und politisch gefährlich.

Als sich Hungersnöte, Epidemien und Bürgerkriege häuften, erließ Kaiser Decius, um die Götter gnädig zu stimmen, im Jahre 250 ein Edikt, das die gesamte Reichsbevölkerung zum Opfer verpfl ichtete. Kommissionen überwachten das Opfer und stellten anschließend eine Bescheinigung aus. Wer nicht opferte oder keinen Opferschein vorweisen konnte, wurde gefoltert, und wenn er sich auch dann noch weigerte, hingerichtet. Das war die erste reichsweite und von einem Kaiser angeordnete Christenverfolgung. Als Decius im Frühjahr 251 starb, endete sie. Zu weiteren Verfolgungen kam es unter Kaiser Valerian in den Jahren 257–259 sowie Diokletian und seinen Nachfolgern 303–311.

Auch die drei «großen» Verfolgungen versucht Candida Moss zu relativieren. Insgesamt habe es sich doch lediglich um zehn Jahre gehandelt. Paul Holloway hat zu Recht darauf hingewiesen, dass solche Versuche, Verfolgung und Bedrohung zu quantifizieren, nicht der erlebten Erfahrung potentiell tödlicher Diff amierung gerecht werden.

Kollektives Gedächtnis

Allerdings ist Candida Moss insofern Recht zu geben, als die vier letzten Jahrzehnte des 3. Jh. tatsächlich von einer friedlichen Koexistenz zwischen Staat und Kirche geprägt waren. Umso heftiger wurde dann jedoch die letzte und schwerste Verfolgung erfahren, die im Osten acht Jahre lang dauerte. Diese Verfolgung, die durch das Toleranzedikt des Galerius am 30. April 311 beendet wurde, hat nachhaltig das Bild geprägt, das man von der Zeit der Verfolgungen hatte. [...]


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