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Leseprobe 3 DOI: 10.14623/com.2016.2.145–160
Gwenaëlle d‘Aboville
«WIE SCHÖN SIND DIE STÄDTE…»
Stadtplanung mit Papst Franziskus
Ich freute mich, als man mir sagte: «Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern.»
Schon stehen wir in deinen Toren, Jerusalem: Jerusalem, du starke Stadt, dicht gebaut
und fest gefügt. Dorthin ziehen die Stämme hinauf, die Stämme des Herrn…
(Ps 122)

1. Der Beruf des Stadtplaners in der Krise und die starke Stimme von Papst Franziskus

Zivilisationen bauen Städte, präsentieren sich und messen sich seit Jahrtausenden in ihrer Pracht. Doch das Berufsfeld der Stadtplanung (Urbanistik) ist neu. Es begann mit Gedanken und Erfahrungen, die fast alle mit dem historischen Bruch durch die industrielle Revolution im Zusammenhang stehen. Die Menschheit ist seither mehrheitlich verstädtert. Städte wachsen und vervielfältigen sich und dieser Trend verstärkt sich auf globaler Ebene. Das 20. Jh. erlebte eine Landflucht, die sich immer weiter ausbreitete. Das 21. Jh. erlebt die Entstehung megaurbaner Räume, Städte bei denen man den Eindruck gewinnt, dass sie unablässig Menschen anziehen und dabei keine Grenzen kennen. Seit 150 Jahren denken wir über Städte nach und bemühen uns, sie zu organisieren. Dieses Bestreben hat keine Wissenschaft, jedoch Schritt für Schritt eine Praxis oder eine Disziplin hervorgebracht: die Urbanistik. Seit mehreren Jahrzehnten bilden Universitäten zwar Stadtplaner (frz.: urbaniste) aus, aber es ist dennoch ein kleiner Beruf, den kaum jemand kennt. Ein Beruf, der, verglichen mit analogen Berufsfeldern, schwerer einzuordnen ist und der je nach Situation sehr unterschiedlich aussehen kann.

Diese Stadtplanung ist noch jung, aber schon in einer Krise. Ihre Legitimation selbst steht zur Debatte, in Frankreich vielleicht noch mehr als anderswo. Es hat sich sozusagen aus-geplant. Prognosen haben sich als falsch erwiesen und das Grosstädtischer Bauprojekte entsteht völlig jenseits kohärenter Anlagenplanung. Utopien haben sich überlebt und heute weiß man, wie sehr man sich täuschen kann, wenn man sich den Realitäten zum Trotz vornimmt, eine ideale Welt zu erbauen. Es hat den Anschein, als hätte das Geld die Macht an sich gerissen, denn oft ist die Stadt zuallererst eine finanzielle Gleichung und der öffentlichen Hand fehlen schlicht die Mittel. Am Ende leiden Stadtplaner an Zweifeln, da sie – auch dank der Soziologie – beobachten, dass allein die Durchführung von Stadtplanungsmaßnahmen, so klug sie zunächst erscheinen mögen, oft massive Konsequenzen insbesondere für die Schwächsten hat. Sollte man, den Städten zuliebe, diese nicht mehr antasten? Man fragt sich, ob der Lauf der Dinge und der Weg der Menschen selbst nicht geschickter sind, den Raum zu gestalten und ihm seine Kraft zu geben: Authentizität und Poesie, kurzum seinen wohnlichen Charakter. Dafür organisieren wir internationale Beratungen, um diesem Beruf neuen Atem und neuen Ehrgeiz einzuhauchen. Wir bemühen uns, Paris «neu zu erfinden!» Wir entschuldigen uns für unser Bemühen, die Stadt zu gestalten und tun so, als handle es sich um ländliches Terrain, um ein Dorf, einen (bewohnten) Wald, oder um einen Waldrand.

Inmitten dieser schweren Arbeit der Neubegründung hört man nun eine Stimme, die ebenso laut wie unerwartet ist: Die Stimme von Papst Franziskus. Mit seinem Erfahrungsschatz in den Großstädten Südamerikas hatte er schon mit dem Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium (EG) versucht, der Herausforderung, Lebensraum im Hinblick auf gemeinsames Leben zu teilen, neu zu begegnen. Die Enzyklika Laudato Si’ (LS) dagegen ist für den Stadtplaner eine Erschütterung, ein Weckruf, sofern er sich entscheidet, ihr Gehör zu schenken. Sie trifft in ihm die Sehnsucht, eine bessere Welt zu erschaff en. Sie trifft sein Wissen um die technischen Probleme, die diesem Beruf innewohnen. Sie wird dem systemischen Charakter des ernstzunehmenden stadtplanerischen Denkens gerecht: alles steht in komplexer Relation zueinander. Probleme sind verkettet und reziprok, kein einziger Faktor kann isoliert bearbeitet werden. So überrascht es nicht, dass Laudato Si’ im Nachdenken über Ökologie immer wieder auf die Urbanistik zurückkommt. Im knappen Exkurs eines einzigen Kapitels bekräftigt die Enzyklika die zentrale Rolle bzw. den moralischen Anspruch der Herausforderung, vor die uns Städte stellen. Bei der Lektüre dieses Textes wird einem schwindelig, denn die gestellte Aufgabe ist gewaltig. Gleichzeitig löst der Ruf Freude aus: Bringen wir uns in die Welt ein! Bemühen wir uns, das gemeinsame Haus zu schützen und es für alle bewohnbar zu machen.

«Wie schön sind die Städte, die das krankhafte Misstrauen überwinden, die anderen mit ihrer Verschiedenheit eingliedern und aus dieser Integration einen Entwicklungsfaktor machen! Wie schön sind die Städte, die auch in ihrer architektonischen Planung reich sind an Räumen, die verbinden, in Beziehung setzen und die Anerkennung des anderen begünstigen!» (LS 152, bzw. EG 210)

2. Von der Utopie zur Hoffnung

Die ersten Stadtplaner schufen ihre Modelle in der Hoffnung, das Chaos zu beseitigen, das aus den wuchernden Industriestädten entstand. Diese utopischen Städte entsprangen bestimmten Ideologien und stellten vollkommene und harmonische Kompositionen dar, die sich der Anarchie und dem Kontrollverlust entgegenstellten. Diese Ideen wurden mit dem Ziel angestrebt, Probleme zu lösen: Gesundheitsschädlichkeit, Unmoral, Enge, Hässlichkeit... Im 19. Jahrhundert führt das politische, soziale und anthropologische Denken eines Charles Fourier zum Projekt des Phalanstère, einer frühsozialistischen Fortschritts-Utopie von Produktions- und Wohngenossenschaft. Die vom amerikanischen Architekten Franck Lloyd Wright in den 1930ern erarbeitete Broadacre-City ist das Projekt einer Idealsiedlung, die den durch industrielle Großstädte entfremdeten Kontakt zur Natur wiederherstellen soll. Dieses Modell ist uneingeschränkt reproduzierbar und stellt sich wie ein kosmisches Ganzes dar, denn jedes Element (Haus, Arbeitseinheit, Krankenhauszimmer etc.) ist an ein Ganzes rückgebunden und leicht zugänglich. Emile Aillaud baute in den 1960ern den großen Komplex in Grigny La Grande Borne, der die Barackensiedlungen von Paris abschöpfen sollte. Seine Raumgestaltung stand eigentlich im Dienste der Bedürfnisse kindlicher Phantasien, weil er diese für ein wesentliches Element menschlicher Entwicklung hielt, besonders, weil es sich dort um unterprivilegierte Kinder handelte. [...]


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