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Professor für dog-
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Leseprobe 2 DOI: 10.14623/com.2016.4.319–328
Alex Lefrank SJ
NICHT MEHR ICH, SONDERN CHRISTUS IN MIR (GAL 2, 20)
Ignatianische Impulse als Anleitung zum Ich
1. Das Wagnis Gottes

Wenn man ernst nimmt, was Geschaffen-Sein heißt, kann einem aufgehen, welches Wagnis es war, dass Gott Menschen erschaffen hat. Denn Mensch- Sein ist Person sein: Ich sein, Zentrum von eigenem Wollen, von selbst-verantworteter Freiheit. Und das bei gleichzeitiger vollständiger Abhängigkeit vom Concursus divinus, vom ständigen Im-Dasein-Gehalten-Sein durch den göttlichen Schöpfer. Irgendwie stehen sich dann doch zwei Macht- Zentren gegenüber: das göttliche und das geschaffene.

So betrachtet, ist schon die Schöpfung ein ungeheures Geheimnis. Jedenfalls wenn wir es von unserer Erfahrung mit Macht her betrachten. Diese Erfahrung besagt: Wenn es verschiedene Macht-Zentren gibt, dann ist mit Konflikt zu rechnen. Und tatsächlich kam es schon in der Urgeschichte der Menschheit zum Konflikt. Wie konnte Gott auch so kühn sein – oder sollen wir sagen: so töricht sein? –, sich ein eigenständiges Ich gegenüber zu setzen.

Im deutschen Sprachgebrauch denken wir «erschaffen» eher von «machen » her. Mit diesem Wortfeld bewegen wir uns in der Sachwelt, nicht im Bereich von Beziehungen zwischen Personen. Demgegenüber sieht schon das Alte Testament – vor allem im Buch Deutero-Jesaia ( Jes 40–55) – das Schöpferhandeln Gottes als Unternehmen der Liebe. Gott schafft sich ein Gegenüber, das er lieben kann und das ihm in Liebe zu antworten vermag. Liebe und Freiheit gehören zusammen und bedingen sich gegenseitig. Denn erzwungene Liebe ist keine Liebe. Und nur Liebe vermag Freiheit zu schaffen.

Die Geschichte hätte so schön weitergehen können. Wenn der Mensch die Chance, das Glück erfasst hätte, dass er vom liebenden Schöpfer dazu ermächtigt worden ist, in Liebe frei zu antworten; anzuerkennen, dass er ganz abhängig ist, aber diese Abhängigkeit nicht als Begrenzung zu missdeuten, sondern als Basis dafür anzunehmen, in freier Liebe zu antworten. So wie es Kinder können, wenn sie ihren Eltern vertrauen. Nicht von ungefähr stellt uns deshalb das Evangelium das Kind als Vorbild vor Augen: «Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen.» (Mt 18, 3)

2. Die Tragödie des Menschen

Das Wagnis ging schief. Der Mensch stieß sich daran, dass es da ein Erinnerungs- Zeichen daran gab, dass er Dasein und Reichtum einem Anderen verdankte. «Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterben.» (Gen 2, 16–17) Das Böse brauchte der Mensch nicht zu erkennen, denn es ist nur Lüge und führt zur Vernichtung.

Eben so sehr wie Liebe und Freiheit zusammen gehören, gehören Liebe und Vertrauen zusammen. Denn Liebe ist nicht beweisbar. Sie ist nur glaub-bar. Der Ansatz zur Ursünde ist der Riss des Vertrauens. «Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen?» (Gen 3, 1) Mit dieser Frage sät die Schlange die Vorstellung in die Seele Evas, Gott könnte es nicht gut mit ihr meinen. Zunächst antwortet Eva korrekt. Aber die Schlange legt nach: «Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiß vielmehr: sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse.» (Gen 3, 4–5)

«Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und dazu verlockte, klug zu werden.» (Gen 3, 6) Es gelingt der Schlange, den Blick Evas von der Fülle des Gartens weg auf diesen einen Baum zu fixieren. Nachdem der Gedanke da war, der Gott, von dem der Mensch alles hat, könnte doch nicht nur gut sein und würde dem Menschen etwas vorenthalten, erwacht in ihm die Begierde. Er muss sich nun selbst verschaffen, was ihm nicht zugedacht ist. Die Emotionalität, die vorher im Vertrauen auf den guten Schöpfer geborgen und auf ihn ausgerichtet war, hat sich nun aus dieser Beziehung gelöst und wird zur Triebkraft, das Vorenthaltene an sich zu reißen.

Gleichzeitig wird die Wahrnehmung verfälscht. Zuerst verblasst die Fülle des Paradieses vor dem einen Baum. Sodann wird aus dem Gott, der alles geschenkt hat, ein Fremder, dem man doch nicht trauen kann. Weil man nicht mehr darauf vertrauen kann, dass einem gegeben wird, was gut ist, hört das Dasein auf, reines Geschenk zu sein und wird zum Kampf ums Leben.

Die Ernüchterung folgt sofort: «Da gingen beiden die Augen auf, und sie erkannten, dass sie nackt waren.» (Gen 3, 7) Nacktsein heißt ausgeliefert sein, den Blicken und der Begierde Anderer. Die innere Reaktion ist Angst. Sie bestimmt fortan das Leben des Menschen. Aus der Geborgenheit des geschaffenen Ich des Menschen im Du des liebenden Gottes ist so das ausgesetzte Ich dessen geworden, der mit sich allein ist, weil ihm das verlässliche Du Gottes abhandengekommen, ja zur Bedrohung geworden ist. Dabei gibt es noch einmal eine Trübung der Wahrnehmung: Dass der Mensch selbst Urheber seiner Not geworden ist, wird ausgeblendet; er sieht nur noch die leidvolle Folge seiner Tat. Deshalb ist er damit beschäftigt, «sich einen Schurz zu machen» (Gen 3, 7), sich zu schützen. So ist der Mensch zu dem geworden, der um sich besorgt und mit sich beschäftigt ist. [...]


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