archivierte Ausgabe 2/2021 |
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Herausgeber und Redaktion |
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JOACHIM HAKE Direktor der Katholische Akademie in Berlin e.V. |
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URSULA SCHUMACHER
Professorin für Dogmatik an der Universität Luzern |
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JAN-HEINER TÜCK Professor für dog-
matische Theologie, Universität Wien |
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Herausgeber und Redaktionsbeirat stellen sich vor. |
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Lesermeinung von |
Anton Svoboda,
Dipl.-Theologe, Musiker
Lesen Sie hier |
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Leseprobe 3 |
DOI: 10.14623/com.2021.2.200–214 |
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Margit Eckholt |
GAST SEIN UND GOTT HEREINBRINGEN |
Geistlich-theologische Anmerkungen zum ökumenischen Weg in der deutschen Ortskirche |
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1. Dialog und Eucharistie im Dienst der Versöhnung in der Gebrochenheit von Welt und Kirche
Der von Papst Franziskus am 14. Oktober 2018 heiliggesprochene Erzbischof Oscar Arnulfo Romero hat in einer Predigt vom 20. Februar 1977 formuliert: «Schwestern und Brüder, der Dialog darf sich nicht dadurch auszeichnen, dass verteidigt wird, was man mitbringt. Der Dialog zeichnet sich durch Armut aus: arm hingehen, um zwischen den beiden die Wahrheit, die Lösung zu finden. Wenn die beiden Parteien eines Konflikts ihre Positionen nur verteidigen, werden sie (aus dem Dialog) herausgehen, wie sie hineingegangen sind.» Auf dem Hintergrund des immer heftiger werdenden Konflikts in El Salvador ruft er zum Dialog auf und führt ein Prinzip ein, das einen Raum für Begegnung und Verständigung eröffnen soll, die «Armut» – d.h. so in das Gespräch mit den anderen hineinzugehen, dass von einem Beharren auf der eigenen Position Abstand genommen wird und Raum für die gemeinsame Suche nach Verständigung und Frieden möglich wird. Für die in den Konflikt involvierten Katholiken und Katholikinnen war dabei das gemeinsame Mahl, die Eucharistiefeier, ein Weg, in diese «Armut» hineinzufinden. Das Lied der Misa popular salvadorense «Vamos todos al banquete, A la mesa de la creación; Cada cual, con su taburete, Tiene un puesto y una misión» («Wir gehen alle zum Bankett, zum Tisch der Schöpfung; jeder mit seinem Schemel, und er hat einen Platz und eine Mission»), das auf einen Text des am 12. März 1977 ermordeten Jesuiten Rutilio Grande zurückgeht, eines sehr engen Freundes von Bischof Romero und dessen Tod ein zentraler Ausgangspunkt für die «Umkehr» von Oscar Romero zu einer «Kirche der Armen» gewesen ist, verbindet in der gläubigen Erfahrung des Volkes die Gastmähler, an denen Jesus teilgenommen hat mit dem Mahl, das er mit seinen Jüngern gefeiert hat. Es ist genau diese Feier der Eucharistie, in die alle Gewalt, alles Morden, Unheil und Verrat, das die Bevölkerung El Salvadors in diesen Jahren erfahren hat, hineingehalten wird, auch der große Schmerz angesichts des Bruchs, der durch das Land und die Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern geht. Das Prinzip der Armut, das Bischof Romero nennt, und die Teilhabe am Mahl, an der Eucharistie, zu der alle eingeladen sind, waren Wege, zwar durch einen langen und blutigen Konflikt hindurch, der Versöhnung und den Heilungsprozessen einen Raum zu eröffnen, und um auch als Gemeinschaft der Glaubenden wieder ein glaubwürdiges Zeichen der «universalen Geschwisterlichkeit» in einer gebrochenen Welt zu werden – wie Papst Franziskus über 40 Jahre später den zentralen Beitrag von Glaubensgemeinschaften und der katholischen Kirche in «Fratelli tutti» (2020) sehen wird. Die Ermordung von Erzbischof Romero bei der Feier der Eucharistie wird zum dichten Punkt einer Christusrepräsentanz, der lebendigen Erinnerung an die Hingabe Jesu Christi am Kreuz, zum Leben der Welt und zum Zeichen der Versöhnung in der Gebrochenheit der Welt.
Mit dieser Referenz auf die in einem anderen Kontext, im konfliktiven Moment der Gesellschaft El Salvadors gehaltene Predigt von Erzbischof Romero und seine letzte Eucharistiefeier, in der Christus bis in die Hingabe seines Lebens repräsentiert wird, und mit der Referenz auf die beeindruckende Enzyklika «Fratelli tutti» von Papst Franziskus – ein christliches Manifest für das 21. Jahrhundert, angesichts von zunehmender Gewalt und kriegerischen Auseinandersetzungen gemeinsam mit anderen Religionen und Konfessionen an die «universale Geschwisterlichkeit» zu erinnern und je neu bereit zu sein zum Aufbruch zu den anderen, Grenzen zu überwinden und gerade auch beim und mit anderen die Tiefe der eigenen Glaubenswahrheiten zu entdecken, die sich in der Hinwendung zu den Armen, Ausgegrenzten und zu den verwundbarsten Geschöpfen verdichtet – wird bewusst ein Rahmen für die folgenden geistlich-theologischen Anmerkungen zum jüngsten Konflikt zwischen dem Vatikan und der deutschen Ortskirche geschaffen. Dieser ist veranlasst durch das Dokument des Ökumenischen Arbeitskreises «Gemeinsam am Tisch des Herrn. Ein Votum des ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen», das am 11. September 2019 von den Leitern des Arbeitskreises Dorothea Sattler und Volker Leppin vorgestellt und von der Deutschen Bischofskonferenz bei ihrer Frühjahrsvollversammlung 2020 positiv aufgegriffen worden ist, dann aber zu scharfen Reaktionen von Seiten des Vorsitzenden des Päpstlichen Rates für die Einheit der Kirchen, Kurt Kardinal Koch, und Luis Kardinal Ladaria, dem Präfekten der Glaubenskongregation, geführt hat. Vielleicht ist es sogar ein wichtiges Zeichen, dass der Konflikt mitten in Zeiten des synodalen Wegs der deutschen Ortkirche aufbricht, ein Zeichen, um eine Engführung der Debatten auf diesem Weg auf eine «binnenkirchliche» Perspektive aufzubrechen und die Welt-Kirche des 2. Vatikanischen Konzils zu erinnern, die «Ekklesiogenese» aus den je neuen Wegen einer Kirche im Aufbruch an die «Peripherien», um mit anderen und von anderen her zu einem glaubwürdigen Zeichen des Heils zu werden.
Aus Perspektive des Vatikans wird das Votum des Ökumenischen Arbeitskreises für die «Praxis der wechselseitigen Teilnahme an den Feiern von Abendmahl / Eucharistie in Achtung der je anderen liturgischen Traditionen» (GaTH 8.1) angefragt. «Aus Sicht des ÖAK», so heißt es in der Einführung in das Dokument, «sind die erreichten Übereinstimmungen in der Lehre von Abendmahl / Eucharistie und Amt zwischen der römisch-katholischen Kirche und den evangelischen Kirchen hinreichend, um dafür zu votieren, sich wechselseitig zur Feier von Abendmahl / Eucharistie in den liturgischen Formen der jeweils anderen Konfession einzuladen und einladen zu lassen. Vorrangig bedeutsam ist dabei das gemeinsame Vertrauen auf Jesus Christus, der in der Kraft des Heiligen Geistes seine erlösende Lebenspreisgabe für alle Sünderinnen und Sünder im Zeichen des Mahles gegenwärtig werden lässt.» Der Arbeitskreis begründet das Votum in biblisch- und historisch-theologischer Perspektive und knüpft an ökumenische Arbeiten und Konvergenzerklärungen an zu Fragen der Sakramente, vor allem von Taufe und Abendmahl / Eucharistie und den umfänglichen Studien zu Fragen des Amtes, in denen die bedeutende Rolle der ordinierten Personen herausgearbeitet wird, die den Feiern von Abendmahl / Eucharistie in der jeweiligen liturgischen Form vorstehen, wobei auch erinnert wird, dass Jesus Christus letztlich derjenige ist, der zum Mahl einlädt. Das Abendmahl / die Eucharistie ist zuallererst Dank für die präsent werdende Gabe Gottes, verdichtet in der Lebenshingabe Jesu Christi, die in der liturgischen Feier der gesamten Gemeinde in sakramentaler Gestalt Gegenwart wird.
Das Votum des Arbeitskreises ist aus dem Kontext der deutschen Ortskirche erwachsen, im Hintergrund steht die schmerzhafte Erfahrung der Reformation, der Bruch der westlichen Christenheit mit ihren gewalttätigen und kriegerischen politischen Folgen, die bis weit in das 20. Jahrhundert hineinreichen, im Hintergrund stehen aber auch die beeindruckenden ökumenischen Erfahrungen seit Beginn des 20. Jahrhunderts, in Maria Laach, in Burg Rothenfels, im Umfeld der Zeitschrift «Una Sancta» und von ökumenischtheologischen Arbeitskreisen wie dem 1946 gegründeten Jäger-Stählin-Kreis, dessen Tradition der ÖAK fortführt. Und dieses Erbe – sowohl die Erinnerung an den Schmerz der Trennung mit allen auch gesellschaftlichen und politischen Konsequenzen als auch die gemeinsame Suche von katholischen und protestantischen Christinnen und Christen nach neuen Wegen eines Miteinanders: die «Ökumene des Lebens», die vielfältige Früchte auf Ebene der Diözesen, Pfarreien und Verbände trägt, und das theologische Ringen um Verständigung in den Kernfragen christlichen Glaubens und kirchlicher Lehren, das nicht nur Expertenwissen ist, sondern in der theologischen Lehre an Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen, im Schulunterricht und in Ökumenekommissionen der deutschen Bistümer lebendig ist – ist auch ein Geschenk für die Weltkirche. [...]
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