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Direktor der Katholische Akademie in Berlin e.V.
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Professorin für Dogmatik an der Universität Luzern
JAN-HEINER TÜCKJan Heiner Tück
Professor für dog-
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Editorial DOI: 10.14623/com.2022.4.358–360
Jan-Heiner Tück
Kirche und Synodalität sind Synonyme, hat der Kirchenvater Johannes Chrysostomos geschrieben. Unter den ekklesiologischen Leitbegriffen des II. Vatikanischen Konzils – Volk Gottes, Leib Christi, Tempel des Heiligen Geistes, Sakrament – verwendet Papst Franziskus am liebsten den Begriff des wandernden Gottesvolkes. Alle – getaufte Frauen und Männer, Ordensleute, Priester und Bischöfe – sind gemeinsam unterwegs und bilden die ecclesia peregrinans. Man könnte sich für die synodale Kirche als Weggemeinschaft das folgende Bild vorstellen: Wie bei einer Karawane, die unter kundiger Führung durch die Wüste zieht, kann es vorkommen, dass einige vorpreschen, andere aber zurückbleiben. Sollen alle zusammenbleiben, müssen die Avantgardisten zurückgepfiffen und die Schwergängigen ermutigt werden, wieder Anschluss an die Gruppe zu gewinnen. Aber das Bild der Karawane, die unter kundiger Führung durch die Wüste zieht, Engpässe durchquert und Hügel überwindet, ist für die Kirche im synodalen Prozess wohl zu harmonisch angelegt. In den aktuellen Reformdebatten ist es zumindest in Deutschland keineswegs sicher, ob alle zusammengehalten werden können. Die Kompassnadeln zeigen in unterschiedliche Richtungen. Die erneuerte, andere Kirche, die die einen anstreben und für zeitgemäß halten, ist für die anderen kaum noch katholisch, so dass Diagnostiker ganz unterschiedlicher theologiepolitischer Couleur bereits von einem Schisma in der katholischen Kirche in Deutschland sprechen. Um mögliche Spaltungen abzuwenden oder bereits vorhandene Risse zu heilen, muss die binnenkirchliche Kommunikation von Exkommunikationsreflexen freigehalten und die gemeinsame Ausrichtung aller wiedergefunden werden. Das II. Vatikanische Konzil hat sie in der exzentrischen Ausrichtung auf Jesus Christus, das «Licht der Völker», gefunden. Kirche entfaltet Leuchtkraft nicht aus sich oder durch eigene Anstrengungen, sondern dort und nur dort, wo sie sich auf Christus, den mitwandernden Immanuel, rückbezieht und sich seinem Geist der Umkehr und der Erneuerung öffnet.

Papst Franziskus, der den synodalen Prozess als Weg der geistlichen Unterscheidung verstanden wissen möchte, hat vor drei Versuchungen gewarnt. Die erste wäre Formalismus: Hier wird die Synode auf ein äußerliches Ereignis reduziert, es wird eine kosmetische Operation an der Fassade vorgenommen, ohne dass es zu wirklicher Umkehr und einem Prozess der geistlichen Unterscheidung innerhalb des Gottesvolkes kommt. Die zweite Versuchung wäre Intellektualismus: Hier wird die Synode von theologischen oder klerikalen Eliten dominiert, die programmatische Papiere produzieren, sich von der Wirklichkeit des Gottesvolkes aber weithin gelöst haben. Und die dritte wäre Immobilismus: Hier blockiert das Festhalten an einem eingefrorenen Verständnis von Tradition jede Veränderung. «Daher ist es wichtig, dass der Synodale Weg wirklich ein solcher ist, dass er ein Prozess im Entstehen ist; er möge von unten ausgehen und in verschiedenen Phasen die Ortskirchen in eine leidenschaftliche und konkrete Arbeit einbeziehen, die einen Stil der Gemeinschaft und der Partizipation prägt, der auf die Mission ausgerichtet ist.» Die missionarische Dynamik der Kirche zu fördern, ist seit Evangelii Gaudium (2013) ein Herzensanliegen des Papstes, das er auch in seinem Brief an das Gottesvolk in Deutschland 2019 durch den Primat der Evangelisierung noch einmal unterstrichen hat.

Franziskus möchte eine Kultur des Zuhörens fördern. Alle sollen freimütig reden, aufeinander hören und vor allem auf das Wirken des Geistes achten. In Zeiten der Stille zwischen den Redebeiträgen soll dieses Wirken erspürt werden. Nach Erfahrungen auf den Synoden über Ehe und Familie (2014/15), Jugend (2018) und die Kirche in Amazonien (2019) spricht der Papst von «Durchbrüchen », die sich auf Synoden durch das Wirken des Heiligen Geistes ereignen können. Knoten, die sich unversehens lösen, Blockaden, die unerwartet ausgeräumt werden. Das geht allerdings nur, wenn die Synodalen nicht von vornherein schon zu wissen vorgeben, was beschlossen werden muss. Offen und lernbereit zu sein, das ist die Einladung, die an alle ergeht, die an der Synode teilnehmen: die Avantgardisten, die Zauderer und das wandernde Volk in der Mitte. Alle sollen in die Beratungen einbezogen werden – Quod omnes tangit ab omnibus tractari debet –, aber die Bischöfe sollen am Ende mit dem Papst entscheiden, sagt Franziskus im Einklang mit dem Konzil und dem Kirchenrecht. Die Unterscheidung zwischen decision making durch alle und decision taking durch die Bischöfe mit dem Papst mag für die unbefriedigend sein, die sich ein paritätisch besetztes Mischgremium als Leitungsorgan der katholischen Kirche wünschen, weil sie die institutionelle Vereinsamung der Bischöfe durch einen Ständigen Synodalen Rat auffangen wollen. Diesem Ansinnen hat der Heilige Stuhl jüngst eine Absage erteilt. Der Synodale Weg in Deutschland sei, wie es in der Erklärung vom Juli 2022 heißt, «nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung» zu verpflichten.

Das vorliegende Heft der COMMUNIO ist dem Thema der Synodalen Kirche gewidmet und behandelt unterschiedliche Aspekte. In seinem Eröffnungsbeitrag zeichnet Walter Kardinal Kasper, der als theologischer Berater, Bischof und Kardinal selbst an vielen Synoden teilgenommen hat, die Geschichte der Bischofssynoden nach. Er geht vom II. Vatikanischen Konzil und der Initiative von Paul VI. aus, die Bischofssynode als päpstliches Beratungsgremium einzuführen, und rekonstruiert die Erwartungen, aber auch Enttäuschungen, die mit der konkreten Praxis der Bischofssynoden in den letzten 60 Jahren verbunden waren. Danach wird der Blick auf die ökumenische Dimension geweitet. Der Alt-Primas der Anglikanischen Gemeinschaft, Rowan Williams, gibt über Geschichte und Gegenwart synodaler Praktiken in der Kirche von England Auskunft, während Johannes Oeldemann, Ökumeniker am Johann-Adam-Möhler- Institut Paderborn, an die orthodoxe Erfahrung der Synodalität erinnert und auf unterschiedliche theologische Begründungsfiguren – eucharistietheologisch, trinitätstheologisch und pneumatologisch – aufmerksam macht. Auch fragt er, wie die katholische Kirche im Sinne eines «Austauschs der Gaben» von der orthodoxen Erfahrung der Synodalität lernen kann. Péter Kardinal Erdö, der Primas der Kirche von Ungarn, widmet sich sodann den kirchenrechtlichen Hintergründen der Synodalität, während die Kanonistin Astrid Kaptijn von der Universität Fribourg die Institution der Bischofskonferenzen beleuchtet, die in der Geschichte der katholischen Kirche noch relativ jung ist. Zum Synodalen Weg in Deutschland bietet das vorliegende Heft ein kontrastives Diptychon. Der Passauer Bischof Stefan Oster gibt Einblick in seine teils kritische Sicht auf das Reformvorhaben, erinnert an die Standards der scholastischen Disputation, die Argumente der Gegner zunächst aufzunehmen, um dann in eine kritische Auseinandersetzung damit zu treten, und macht den Vorschlag, dass Umkehr und Erneuerung verstärkt aus der Begegnung mit dem real gegenwärtigen Christus kommen müssten. Thomas Söding, Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, bietet eine engagierte Reflexion über Anliegen und Prozess des Synodalen Weges in Deutschland. Er erinnert daran, dass die tiefe Erschütterung durch den Skandal des sexuellen Missbrauchs durch Kleriker sowie die Vertuschung dieser Delikte durch die Kirchenleitung den Ausgangspunkt für den Synodalen Weg und seine thematischen Foren bilden. Missbrauchsaufarbeitung rückt so als Selbstevangelisierung der Kirche in den Blick. Hans Maier votiert schließlich dafür, dass sich die katholische Kirche stärker demokratisieren solle. [...]


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