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Leseprobe 3 DOI: 10.14623/com.2022.4.431–450
Stefan Oster
REALPRÄSENZ, SAKRAMENTALITÄT UND DER SYNODALE WEG IN DEUTSCHLAND
Erfahrungen des Anfangs: Eine Synode in Rom

Im Oktober 2018 hatte ich die Gelegenheit, an der Weltbischofssynode in Rom teilzunehmen, die sich unter dem Titel: «Die Jugendlichen, der Glaube und die Erkenntnis der Berufung» versammelt hatte. Zahlreiche Bischöfe und Ordensobere aus der ganzen Welt, Beraterinnen und Berater – und vor allem auch junge Menschen haben einen Monat lang darüber beraten, wie es heute möglich ist, mit jungen Menschen zusammen Kirche zu sein und zu leben – und ihnen Wegbegleiter zu sein auf dem Weg ins Leben, in den Glauben und in das Finden ihrer Berufung. Papst Franziskus war in den meisten Plenarversammlungen anwesend und hat mehrfach erläutert, wie er Synodalität versteht.

Wichtig war ihm in den Plenarsitzungen, dass nach jeweils fünf vierminütigen Redebeiträgen ein dreiminütiges Schweigen eingelegt wird. Wir sollten mit ihm lernen, Hörende zu werden. Zuhören, so der Papst sei nicht nur eine natürliche Fähigkeit, Zuhören sei auch ein theologischer Begriff, denn Gott hört nach der Schrift die Klage seines Volkes (vgl. Ex 3, 7). Wichtig war dem Papst auch folgendes: Die Synodalversammlung sei ein geschützter Raum. Als Medienvertreter waren daher nur die eigenen von Radio Vatikan anwesend, alle anderen Berichterstatter aus der ganzen Welt sind jeweils nach den unterschiedlichen Etappen der Versammlungen in Pressekonferenzen informiert worden. Die Eröffnung eines geschützten Raums war für den Papst deshalb wichtig, weil jeder die Gelegenheit bekommen sollte, aus freiem Herzen zu sagen, was ihm wichtig ist. Und zwar nach Möglichkeit ohne das Schielen auf Zustimmung oder auf Mehrheiten oder auf Medien, ohne politisches Kalkül, ohne Taktik. Warum? Weil nach der Auffassung des Papstes nur dann der Hl. Geist wirken und leiten kann. Er kann auf diese Weise so wirken, dass eine hörende Gemeinschaft entsteht, in der einer den anderen in Wohlwollen wahrnimmt, eine Gemeinschaft, die sich einüben kann in der Unterscheidung; die sich in Richtung Einmütigkeit bewegen kann, weil sie sich vom Geist führen lässt, der Liebe ist und zur Einheit drängt. Eine Synode, so der Papst immer wieder und überdeutlich, ist kein Parlament. Synodalität bedeutet gerade nicht: Politik!

Zudem hat der Papst immer wieder auch betont, dass er selbst in seinem Amt einheitsstiftendes Prinzip ist: sub Petro und cum Petro. Am Ende liegt die Verantwortung für Entscheidungen bei ihm selbst (decision taking) im Unterschied zum Diskussions- und Findungsprozess (decision making). Abstimmen über Textabschnitte des Abschlussdokumentes konnten zuletzt nur die ordentlichen Synodenteilnehmer, also vor allem die Bischöfe, die Hirten – und zum Beispiel nicht die Beraterinnen und Berater. Papst Franziskus macht damit deutlich, dass die Kirche Weggemeinschaft aller ist. Alle sind zur Mitsprache und zum Mitwirken eingeladen, aber zugleich ist diese Kirche hierarchisch, episkopal verfasst, weshalb wesentliche Entscheidungen dann von den Bischöfen oder eben dem Bischof von Rom zu treffen sind. Auch der Wegcharakter sollte schließlich deutlich werden, so sehr, dass sich die meisten Synodenteilnehmer auf eine gemeinsame halbtägige Fußwallfahrt begeben haben und dazu auch noch zusätzlich viele Jugendliche von außen eingeladen waren, aus Rom und Umgebung. Gemeinsam auf dem Weg – mit jungen Menschen und für sie, offen für das Wirken des Geistes, der immer wieder überrascht und Kirche jung sein lässt. Alle sind eingeladen mitzugehen in dieser Kirche, die mit Jesus geht, die miteinander betet, die zuhört und auf sein Wort hört – und in der Menschen ein solidarisches Miteinander leben.

Zurück in Deutschland: Die MHG-Studie als Auslöser


Dies sind mit einigen knappen Strichen gezeichnet die Erfahrungen gewesen, mit denen ich zurück in Deutschland mit der Idee eines synodalen Weges konfrontiert worden bin. Auslöser war die MHG-Studie, in der der Missbrauch von Klerikern an Minderjährigen in Deutschland in den letzten Jahrzehnten untersucht worden ist. Die Ergebnisse zeigten ein erschreckendes Ausmaß an Missbrauchstaten, -tätern und -betroffenen – und damit eine dramatische Perversion des Evangeliums vom Heil mitten im Herzen der Kirche. Für viele Menschen ist sie dadurch Ort des Unheils geworden. Die Autoren der MHGStudie, die bei der Herbstvollversammlung in Fulda 2018 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, empfehlen die Überprüfung der kirchlichen Machtstrukturen, der kirchlichen Sexualmoral und der priesterlichen Lebensform. Bei der darauf folgenden Vollversammlung der Bischofskonferenz in Lingen im Frühjahr 2019 haben zahlreiche Bischöfe geäußert, dass es erheblichen Druck aus dem Gottesvolk gebe, ebenso wie aus der medialen und politischen Öffentlichkeit. Es müsse endlich etwas geschehen – und ermutigt von Papst Franziskus‘ Einladungen zum offenen Gespräch wolle man sich auf einen «verbindlichen, synodalen Weg» machen. In einer ersten Abstimmung sagten nahezu alle Bischöfe zu, dabei zu sein, bei wenigen Enthaltungen. Ich habe auch zugesagt, weil ich tatsächlich glaube, dass Dialog, Austausch gerade über wesentliche Themen und gegenseitiges Hören zum Wesentlichen in der Kirche gehören – ohne freilich genauere Vorstellungen zu haben, welche Dimension ein solches «Gesprächsformat» haben würde. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sollte als Partner und Mitveranstalter eingeladen werden. Drei Themenforen zu Macht, kirchlicher Sexualmoral und priesterlicher Lebensform sollten den Weg vorbereiten – und erste Texte erstellen. Es zeigte sich schnell, dass das Zentralkomitee bereit war, diesen Weg verantwortlich mitzugestalten, aber nur unter der Bedingung, dass auch über die Frauenfrage gesprochen werden sollte, konkret über «Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche». Da in der den Synodalen Weg auslösenden MHG-Studie dieses Thema nicht verhandelt worden war, stellte sich einigen Beobachtern schnell die Frage, ob nicht der ganze Synodale Weg nun für eine bestimmte kirchenpolitische Reformagenda genutzt werden sollte. Die Deutsche Bischofskonferenz ließ sich aber mehrheitlich auf die Bedingung des ZdK ein und nahm dieses Thema mit großer Mehrheit zu den anderen drei Themen als ein viertes hinzu.

Weitere Themenvorschläge von einzelnen Bischöfen, die sich auf einen mahnenden Brief des Papstes an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland (vom 29. Juni 2019) bezogen und Themen wie neue Evangelisierung, Katechese, Berufungspastoral und andere einbringen wollten, bekamen in der Bischofskonferenz keine Mehrheit. Ebenso scheiterte dort ein Versuch, die Enzyklika «Laudato si» zum Thema von Reforminitiativen mit Anschlussmöglichkeiten an gesellschaftliche Diskurse zu machen. So blieben die vorgeschlagenen und dann auch vorgegebenen Reformthemen auf die Vorschläge der MHG-Studie bezogen, die Frauenfrage dazu genommen, und haben damit zunächst ausschließlich innerkirchliche Relevanz. Es gehe um die systemischen Faktoren, die Missbrauch begünstigen würden, hieß es. Wenn dann nachgefragt wurde, wie sich das denn mit der Aufforderung des Papstes in seinem Brief vertrage, an erster Stelle die Evangelisierung voranzubringen, waren die am häufigsten zu hörenden Antworten: Diese oft so genannten Reizthemen seien diejenigen, die die Evangelisierung am meisten behinderten. Daher sei deren Reform an sich schon ein echtes Evangelisierungsprogramm. Denn dann – wenn diese abgeräumt seien – müsse man sich für seine Kirche in einer modernen Gesellschaft endlich nicht mehr schämen. Zudem würden gerade diese Themen zeigen, dass das «System Kirche» Veränderung brauche – wenn nötig auch regionale Veränderungen, die ja nicht gleich die ganze Weltkirche zu betreffen bräuchten. [...]


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